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Spice II+

Folgeprojekt zu „SPICE and synthetic cannabinoids“, JUST/2009/DPIP/AG/0948

 

 

Projekttitel

SPICE II plus: new synthetic cannabinoids and stimulants – evaluating risk behaviour, problematic use and toxicity for developing specific approaches in primary and secondary prevention

 

Projektskizze

 

Beneficiaries:

 

Universitätsklinikum Freiburg

Institut für Rechtsmedizin (Coordinator)
Institut für Experimentelle Klinische Pharmakologie und Toxikologie
Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg

Goethe-Universität Frankfurt, Centre for Drug Research

Medizinische Universität Wien, Institut für Krebsforschung

University of Helsinki, Department of Forensic Medicine, Finnland

Basis e.V., Frankfurt

Institut für Therapieforschung, München

 

Associate Partners:

 

Bundeskriminalamt Wiesbaden

National Public Health Institute, Drug Research Unit, Helsinki, Finnland

National Bureau for Drug Prevention, Warschau, Polen

Universität Bern, Institut für Rechtsmedizin, Schweiz

Stadt Frankfurt, Drogenreferat (Co-financer)

 

 

In diesem Projekt, das in Bezug auf das Markt-Monitoring, die Prävalenzforschung und die Methodenentwicklung in der forensischen Toxikologie als Weiterführung des Projektes „SPICE and synthetic cannabinoids“ zu verstehen ist, sollen Schwerpunkte auf eine vertiefte Evaluation toxischer Potentiale, subjektiv wahrgenommene Risiken und Folgeprobleme, Typisierung von Konsumentengruppen sowie die Evaluation der erarbeiteten Präventionsansätze gelegt werden. Als Basis dienen hierbei die im Vorprojekt zwischen 2011 und 2012 durchgeführten Arbeiten.

Eine weitere Neuerung ist die Erweiterung des betrachteten Substanzspektrums. Während das Projekt „SPICE and synthetic cannabinoids“ ausschließlich auf synthetische Cannabinoide ausgerichtet ist, sollen nunmehr auch Designerdrogen aus der Gruppe der Psychostimulanzien mit erfasst werden. Diese Erweiterung bezieht sich auf das Produkt-Monitoring, die Entwicklung analytischer Methoden und die Prävalenzerhebung. Bisher dominieren auf dem deutschen Markt zwar nach wie vor Produkte, die synthetische Cannabinoide enthalten, der in Skandinavien und Großbritannien bereits seit Jahren bestehende Trend zur Vermarktung von Stimulanzien über das Internet (häufig als „Badesalze“ oder „Research Chemicals“ vertrieben; Inhaltsstoffe umfassen in erster Linie Cathinone, andere Phenylethylamine und Phenyl- oder Benzylpiperazine) beginnt sich aber auch in Deutschland zu etablieren. Es ist daher zu erwarten, dass sich bald größere Konsumentengruppen für diese Substanzen zu interessieren beginnen werden, wie eine erste Analyse mit ‚Google Insights for Search’ bereits vermuten lässt.

 

Sozialwissenschaftlicher Anteil: Basierend auf der im Sommer 2011 durchgeführten deutschen Online-Befragung zu Legal Highs (gefördert durch das BMG, Werse & Morgenstern 2011) und einer ähnlichen Erhebung im Auftrag des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit wird eine neue Internet-basierte Erhebung entwickelt. Diese Befragung zielt zum einen auf die aktuelle Situation des Legal-High-Konsums in diversen Ländern ab, zum anderen auf (potenziell) problematische/ abhängige Konsummuster (inklusive etwaiger Entzugserscheinungen), andere selbst wahrgenommene negative Begleiterscheinungen des Gebrauchs von Räuchermischungen sowie die generelle Risikowahrnehmung seitens der Konsumenten. Die Erhebung wendet sich an alle Personen mit Erfahrungen im Konsum von Räuchermischungen. Befragten, die Erfahrungen mit negativen Begleiterscheinungen des Gebrauchs synthetischer Cannabinoide haben, werden zusätzliche Fragemodule zu derartigen Problemen vorgelegt, die auch offene Felder für die Erläuterung näherer Zusammenhänge enthalten (Internet-basierte qualitative Sozialforschung). Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Prozessperspektive hinsichtlich der Entwicklung problematischer Gebrauchsmuster. Diese Befragung wird in mehreren EU-Sprachen durchgeführt und fokussiert auf Länder bzw. Sprachgebiete, bei denen von einem gewissen Verbreitungsgrad von Räuchermischungen ausgegangen werden kann (deutsch, polnisch, englisch, …)

Darüber hinaus wird das sozialwissenschaftliche Monitoring neuer Trends bei Legal Highs fortgesetzt, und zwar durch Beobachtung und Analyse von Online-Foren, Befragungsergebnisse, Internetshops, Online-Beratung und Google Insights for Search.

 

Toxikologie (Zellmodelle): Bei der Anwendung verschiedener toxikologischer Screening-Assays auf der Basis von Zellmodellen ergaben sich deutliche Hinweise auf eine Erbgut schädigende Wirkung einiger synthetischer Cannabinoide, die bereits bei vergleichsweise geringen Wirkstoffkonzentrationen auftrat. Diese Befunde sollen nunmehr in einer vertieften Betrachtung unter Verwendung weiterer Zellmodelle differenzierter betrachtet werden. Dieser Aspekt wird weiterhin von unserem Kooperationspartner an der Medizinischen Universität Wien bearbeitet.

 

Forensische/toxikologische Analytik: Bereits im Rahmen des Vorprojekts hat sich gezeigt, dass die Anwendung zeitnah an das Marktangebot angepasster analytischer Methoden zum sicheren Nachweis der Wirksubstanzen oder ihrer Abbauprodukte in Blut- oder Urinproben ein sehr wirksames Präventionsinstrument sein kann. Ähnliches ist im Bereich der Designer-Stimulanzien zu erwarten, von denen momentan in der überwiegenden Mehrzahl der diagnostischen Labore nur ein Bruchteil erfasst werden kann – u. a. aufgrund des Mangels an Referenzstandards. Insofern wird die Entwicklung entsprechender umfassender Methoden im Rahmen des Projektes auch in diesem Bereich zur Reduzierung der Nachfrage beitragen. Eine weitere Ergänzung besteht in der Evaluierung von Schnelltests (ELISA) auf synthetische Cannabinoide für Blut- und Urinproben mittels der entwickelten beweissicheren Nachweismethode auf massenspektrometrischer Basis. Da solche Schnelltests relativ kostengünstig sind, machen sie einen breiteren Einsatz möglich.

 

In Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt wird auch weiterhin an Schnellnachweismethoden für Substanzproben gearbeitet, die u.a. einer effektiveren Kontrolle der Einfuhr solcher Substanzen dienen.

 

Akute Vergiftungen: In Zusammenarbeit mit der Vergiftungs-Informationszentrale Freiburg wurden bereits über 50 Fälle behandlungsbedürftiger Intoxikationen durch synthetische Cannabinoide in einer retrospektiven Studie aufwendig dokumentiert. Dabei wurden sowohl die klinischen Befunde und Verläufe aufgezeichnet als auch eine ausgedehnte toxikologisch-chemische Analytik zur Erfassung eines ggf. vorliegenden Co-Konsums weiterer Drogen oder Medikamente durchgeführt. Diese Fallsammlung soll im Rahmen des Folgeprojektes in Form einer prospektiven Studie erweitert werden, bei der zusätzliche Informationen zum Konsumverhalten, der Drogenvorerfahrung, dem konsumierten Produkt, der Konsumart und der konsumierten Menge erhoben werden, die in den retrospektiv erhobenen Datensätzen häufig unvollständig sind. Weiterhin kann für diese Fälle eine erweiterte Erhebung von Untersuchungsmaterial (Blut-, Speichel-, Haar- und Urinproben) erfolgen, die wichtige Daten zur Pharmakokinetik und den Zeitfenstern eines möglichen Konsumnachweises liefern können. Nicht zuletzt können aus diesen Daten wirksame Erste-Hilfe-Maßnahmen und Therapieansätze für Intoxikationsfälle abgeleitet werden (Sekundärprävention).

 

Präventionsansätze: Für die Evaluation und Weiterentwicklung der im vorangegangenen Projekt erarbeiteten Präventionsansätze werden das Centre for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt und der Verein Basis e.V., der seit vielen Jahren sehr erfolgreiche Präventionsarbeit im Raum Frankfurt leistet, im Konsortium eng zusammenarbeiten. Dazu sind folgende Maßnahmen nebst wissenschaftlicher Begleitung geplant:

 

Harm Reduction durch Veröffentlichung von Legal-High-Analyseergebnissen und spezifische Online-Beratung:

Grundlage der Präventionsarbeit ist eine zentrale Website, die von Basis e.V. betrieben wird. Die Website bietet aktuelle und glaubwürdige Informationen zum Thema Legal Highs und kann deshalb potenzielle und erfahrene Konsumierende gut erreichen. Insbesondere die Veröffentlichung von Analyseergebnissen von Legal High-Produkten spielt dabei eine wichtige Rolle – es werden im Rahmen des EU-Projektes fortlaufend auf dem Markt befindliche Produkte analysiert; die jeweiligen Inhaltsstoffe und spezifische Gefährdungspotenziale werden auf der Website veröffentlicht.

Darüber hinaus wird als innovative Form der Sekundärprävention eine Online-Beratung von Legal High-Konsumenten angeboten (s.u.). Neben der grundsätzlich sozialpädagogischen Ausrichtung der Beratungsarbeit von Basis e.V. mit entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern liegt auch eine fundierte Expertise im Bereich Chemie/Toxikologie vor. Zudem haben die Präventionsangebote von Basis e.V. durch den Peer-orientierten Ansatz einen sehr guten Zugang zu (Techno-) Partyszenen und anderen Drogennutzerkreisen. Insofern wird angestrebt, das Angebot zu einem „good practice“-Beispiel im spezifischen Bereich der Prävention hinsichtlich neuer synthetischer Substanzen auszubauen.

Die zentralen Angebote der Website werden in deutscher und englischer Sprache verfügbar sein.

Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation: Nutzungsstatistiken, Auswertung der bei der Beratung erfassten Basisdaten und systematisiertes Feedback, Modul zur Abfrage von Zufriedenheit mit dem Beratungsangebot, Online-Befragungsmodul für Beratungsstellen zu Form und Inhalt des Beratungsangebots. Ergebnisse der Online-Befragung von Konsumenten (s.u.) fließen in die Weiterentwicklung von Präventionsansätzen ein.

 

Forenbetreuung:

Es wird eine „aufsuchende“ Arbeit in den Userforen stattfinden. Das heißt, es wird nicht nur in einem Thread die Homepage beworben, sondern das positive Image des Projekts innerhalb der Szene soll genutzt werden, um sich in aktuell laufende Diskussions-Threads einzumischen und die Diskussion fachlich zu begleiten, Risiken zu benennen, sowie Beratungsangebote zu unterbreiten oder auch vor kritischen Substanzen oder Konsumtrends zu warnen. Mit der aufsuchenden Vorgehensweise können auch gezielt Personen angesprochen werden, die aufgrund ihrer Äußerungen als besonders gefährdet zu betrachten sind.

Diese völlig neuartige Form der Beratungstätigkeit wird im Rahmen des Projektes mit Pilotcharakter, in 1-2 Foren und in einem begrenzten Zeitraum (ca. 1 Jahr) durchgeführt. Es bietet sich eine stufenweise Abfolge an: zunächst sollen so viele als gefährdet eingeschätzte Forennutzer wie möglich kontaktiert werden, um dann eine relativ kleine Zahl von sich positiv Rückmeldenden intensiv weiter zu betreuen.

Hier ist die wissenschaftliche Begleitung/ Evaluation (v.a. Auswertung der dokumentierten Kommunikation) von besonderer Bedeutung, da es sich um eine innovative Maßnahme der „E-Health“-Beratung handelt.

 

Multiplikatorenschulung:

Für die Schulung von Multiplikatoren soll ein Konzept erarbeitet werden. Die Schulungen sind insbesondere für Multiplikatoren der Jugendarbeit konzipiert. Mitarbeiter in Partysettings, Schulen, Jugendeinrichtungen, Strafvollzug, Therapien und anderen Einrichtungen sollen für allgemeine und spezifische Fragen des Konsums und der Konsumenten von Legal Highs sensibilisiert werden. Dies betrifft z.B. Erkenntnisse bezüglich der Verbreitung von Legal Highs in spezifischen Bevölkerungsgruppen, mit denen die jeweiligen Multiplikatoren befasst sind (z.B. Jugendliche, aber auch besonders gefährdete/problematische Gruppen wie Jugendliche aus „families at risk“, in Therapie befindliche Konsumenten „harter Drogen“ oder intensive Partydrogenkonsumenten). Die Bedeutung des Internets für die Verbreitung neuer psychoaktiver Substanzen soll dabei berücksichtigt werden. Dazu bieten sich wiederum die Erfahrungen, die aus den oben erwähnten Präventionsansätzen gewonnen werden, als Grundlage zur Entwicklung von adäquaten Schulungskonzepten an.

 

Dissemination: Um die effiziente Verbreitung der Arbeitsergebnisse des Projekts zu unterstützen wird das Institut für Therapieforschung (IFT) München in das Konsortium aufgenommen. Das IFT wird sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene etwaige Lücken im System der bereits vorhandenen Strukturen ergründen und Instrumente zur Verkleinerung dieser Lücken erarbeiten.

 

gefördert durch die Europäische Gemeinschaft

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