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Das NPSG

Informationen zum Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (NPSG)

 

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (NPSG) droht neues strafrechtliches Ungemach all denen, die ihr Heil als Substanzkonsumenten in den Stoffen suchen, die in den vergangenen Jahren unter Namen wie „Legal High“,  „Kräutermischung“, „Badesalz“ etc. auf dem Markt auftauchten.

Ziel des neuen Gesetzes ist es, „Regelungs- und Strafbarkeitslücken“ zu schließen, die dadurch entstanden sind, dass man gewisse, nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fallende, Substanzen seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2014 auch über das Arzneimittelgesetz (AMG) nicht mehr bestrafen kann. Sprich, der Versuch, eine eigentlich schon länger bestehende „Regelungs- und Strafbarkeitslücke“ über eine Umgehungskonstruktion zu lösen, ist nicht mehr möglich.

Nunmehr werden im Wege des neuen Gesetzes, anders als im Betäubungsmittelgesetz üblich, ganze Stoffgruppen unter ein Verbot gestellt.

Verboten sind der Umgang mit den genannten Stoffen sowie das Handeltreiben, das Inverkehrbringen, das Verabreichen, das Herstellen und das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Zwecke des Inverkehrbringens.

 

Ursprünglich sollte das Gesetz eigentlich den Endkonsumenten aus der Strafbarkeit heraushalten. Dieser fromme Wunsch – so es diesen überhaupt je gab – ist im Ergebnis wohl nicht in Erfüllung gegangen. Insgesamt kann man festhalten, dass das Gesetz nicht sehr glücklich geraten ist.

 

Um die einzelnen Stoffgruppen, die unter das Gesetz fallen, zu erfassen, ist ein Chemiestudium empfehlenswert. Während der Gesetzestext selbst beeindruckend knapp geraten ist, ist der Anhang, der größtenteils den chemischen Aufbau der umfassten Substanzen beschreibt, um ein erschlagendes Vielfaches größer.

Für alle Beteiligten, auch die Ermittlungsbehörden, wird es in der Praxis durchaus spannend werden, zu erkennen, ob ein Stoff nun unter das Gesetz fällt oder nicht. Sachverständige dürfen sich jedenfalls jetzt schon die Hände reiben.  

 

Die Ausgestaltung des Gesetzes begegnet indes erheblicher Kritik. Unabhängig davon, dass es schwerlich vorstellbar ist, dass das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz halten wird, das so augenscheinlich gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstößt, gibt es weitere Kritik.

Zunächst klingt es nach einer konsumentenschonenden Lösung, wenn das Gesetz zum einen weder den bloßen Besitz der Stoffe unter Strafe stellt und auf der anderen Seite in den einzelnen unter Strafe gestellten Handlungsweisen subjektiv ein Wille des „Inverkehrbringens“ der Stoffe Voraussetzung für die Strafbarkeit ist.

Allerdings zeigt die langjährige Erfahrung in der Verteidigung von Betäubungsmittel-Verfahren, dass in der Praxis wohl zu befürchten steht, dass diese subjektive Seite allzu schnell unterstellt werden wird. Denn in letzteren Verfahren wird regelmäßig, soweit es sich nicht um Kleinstmengen handelt, unterstellt, dass zumindest ein Teil dem „Handeltreiben“ zugeordnet werden muss. Insbesondere, wenn weitere äußere Umstände wie das Auffinden von Präzisionswaagen und Cliptütchen oder andere vermeintlich „untrügerische“ Indizien für eine Handelstätigkeit festgestellt werden.

Wie der Zweifelssatz „in dubio pro reo“ seine Wirkung entfalten wird, muss sich dabei erst zeigen. Eine uneingeschränkte Geltung hatte er bisher jedenfalls auch nicht.

 

Es ist abzusehen, dass auch im Rahmen des NPSG sehr zügig ein geplantes „Inverkehrbringen“ unterstellt werden wird. Zum Beispiel dann, wenn größere Mengen bevorratet werden. Im Rahmen von Betäubungsmittelverfahren jedenfalls wird es regelmäßig als Schutzbehauptung des Beschuldigten gewertet, wenn dieser größere Mengen besitzt, besonders bei „teuren“ Drogen wie z.B. Heroin.

Zu dieser erwartbaren Entwicklung trägt sicherlich auch die nicht besonders gelungene Gesetzesgestaltung bei, die den Besitz von NPS ausdrücklich verbietet. Hieraus ist nicht allzu aufwändig ein gesetzgeberischer Wille abzuleiten, letztlich dann doch die Strafbarkeit zwar nicht auf den bloßen Besitz aber auf alle anderen greifbaren Verfehlungsmodalitäten zu stützen.

 

Eine Differenzierung zwischen „nicht geringer Menge“ und „geringer Menge“ sieht das Gesetz, anders als das BtMG, nicht vor. Eben so wenig kennt das Gesetz eine §35 BtMG vergleichbare Regelung, sprich die Möglichkeit, eine Therapie statt Strafe zu absolvieren.  Das dürfte vor allem bei Delinquenz, die als Tatmotivation die Finanzierung der eigenen Sucht hat, erhebliche Probleme bereiten. Ähnlich wie Alkoholsüchtigen eine praxistaugliche Option wie § 35 BtMG versagt ist, dürfte dies auch bei Abhängigen von NPS eine gewaltige Schieflage der Bearbeitung von Suchtdelinquenz nach sich ziehen.

 

Eine §31 BtMG entsprechende Regelung, also eine „Kronzeugenregelung“ mit der Hoffnung auf Strafrabatt im eigenen Verfahren für die Benennung von Hinterleuten, findet sich bis dato nicht im NPSG. Ob sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden hat ist nicht bekannt. Eine Abkehr von der Praxis der Belohnung des „kooperativen Täters“ dürfte daraus jedenfalls nicht abzuleiten sein.

 

Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie kleinlich und intensiv sich die Verfahren um das NPSG gestalten werden.

Die wesentlichen Grundregeln gelten jedenfalls auch hier:

 

Es empfiehlt sich quasi immer, keine Angaben zur Sache ohne Anwalt zu machen. Es empfiehlt sich immer, einen Anwalt auf das Verfahren schauen zu lassen. Als Laie kann man etwaige Verteidigungsansätze auch bei vermeintlich klarer Sachlage nicht unbedingt erkennen. Auch im Rahmen des NPSG gibt es Möglichkeiten, sich zu verteidigen, die man nutzen sollte.

 

 

 

Ralf E. Peisl LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Strafrecht

Peuntgasse 3

90402 Nürnberg

0911/2446620

www.peisl-merkl.de